Freiherr von Maltitz
Von dr Fesseln Eisenlast
gebunden,
Schau’ ich weinend in des
Aethers Blau,
Mich erquicket nicht des
Abends Thau,
Schwer wie Ketten drücken mich
die Stunden!
Hätte früh mich Todesnacht
umwunden!
Mich ergriff das Leben hart
und rauh,
Ein Novembertag in düsterm
Grau.
Wer des Grabes Sicherheit
gefunden,
Den verfolgt der Fluch des
Schicksals nimmer
Denn es glänzent ihm ein
bess’res Sein;
Wie der Abendsonne milder
Schimmer
Strahlt mir jener selige
Verein,
Wo der Knechtschaft harte
Ketten schwinden,
Wo wir Glück und Freiheit
wieder finden.
Freiherr von Maltitz
Oft empor vom Staube sich zu
schwingen
Strebt die Seele; doch das
ird’sche Band
Fesselt sie mit rauher
Eisenhand;
Und zu ihrem hohen Ziel zu
dringen
Will der tiefgebeugten nicht
gelingen.
Aber ist dies Streben nicht
ein Pfand,
Daß wir in der Erde niederm
Tand,
Deren Ketten drückend uns
umschlingen,
In des Glückes falschem
Traumgesicht
Und in Freuden, die so schnell
verschwinden,
Nicht die Heimath unsres
Wesens finden? –
Unser Augen harrt ein ew’ges
Licht,
Und die Sehnsucht, die wir
hier empfinden,
Soll die schöne Zukunft uns
verkünden.
Freiherr von Maltitz
Tief in Nacht ist unser Ziel
verhüllt,
Schwarze Nebel jenen Hain
umschließen,
Wo der Wahrheit heil’ge
Quellen fließen
Und verborgen ist der Zukunft
Bild.
Darum lasse stillen Frieden
mild
Sich auf deine Gegenwart
ergießen,
Deine Sehnsucht möge nie
begrüßen
Jenes nachtumschleierte Gefild.
Wende dich in die
Vergangenheit,
Ihre Schmerzen sind für dich
verschwunden,
Forsche nie in eitlen Wahnes
Stunden,
Was dir finster waltend bringt
die Zeit;
Suche nie im kindisch blinden
Wagen
Bei dem Jetzt das Künftige zu
tragen.
Freiherr von Maltitz
Freude scheint das Leben zu
verheißen,
Aber seines Glückes Täuschung
schwand,
Wenn von seiner Truggebilde
Tand
Wir der Maske heuchlerisches
Gleißen
Und den glänzend falschen
Schleier reißen.
Oede, wie der dürren Wüste
sand,
Düster, wie des off’nen Grabes
Rand,
Ist das Leben, das so Manche
preisen,
Das sie oft ein Paradies, ein
Schweben
Durch der Freude Luftgefilde
nennen.
Heil uns! Der Vergänglichkeit
Gebot
Wird uns bald zum wahren Trost
erheben,
Uns den besten Trost im Leben
gönnen,
Der das Leben dulden lehrt –
den Tod.